Entspannt allein sein: wie schafft man das?

Für viele von uns bedeutet allein sein, dass man gerade nichts zu tun hat, oder dass man nicht mit anderen auskommt.

Als ich Anfang des Jahres drei Tage allein an der Ostsee verbrachte, fragte mich der Hauswart, der mir den Schlüssel für die Ferienwohnung überreichte, mit einem ungläubigen Ton, „Sie sind allein?“.

Auch als ich letztes Jahr drei Wochen allein auf dem Jakobsweg unterwegs war, war meine Familie natürlich besorgt um mich. Spannenderweise fanden alle die, die ich auf dem Jakobsweg traf, es normal, dass ich ihn allein ging. 

Wer sich allein auf den Weg macht, bekommt es also mit Unverständnis und Befürchtungen von anderen Menschen zu tun. Dabei hat man sowieso schon seine eigenen Zweifel im Gepäck, wenn man mal ein paar Tage ungestört alleine verbringen möchte. 

Viele sind nämlich auch deswegen nicht gerne alleine, weil sie Angst vor dem Alleinsein haben und Angst vor der Leere, die sich dann auftun könnte. Wenn man zum Über-Sozialisieren tendiert, wie ich es einmal getan habe, als ich mit mehr als 15 „Freunden“ pro Tag in Kontakt war, jeden Abend jemand anderen getroffen habe und es einfach nicht ausgehalten habe, mal einen Abend nichts zu tun, weil ich Angst hatte, ich könnte etwas verpassen, dann kann auch nur ein Feierabend unglaublich schwer allein auszuhalten sein. FOMO heißt das übrigens, fear of missing out, die Angst, etwas zu verpassen.

Wie aber nun können wir lernen, entspannt allein zu sein? 

Am Anfang müssen wir es erstmal realisieren, dass wir gerade mal Alleinzeit brauchen. Das kann zum Beispiel sein, wenn man das Gefühl hat, Mal aufräumen zu müssen. Da ist zum Beispiel eine Unruhe, eine Getriebenheit, die ich spüre, als ob ich im Hamsterrad laufe und nur noch funktioniere. Dann weiß ich, dass es Zeit ist für eine kleine (oder größere) Notbremse. 

Wenn wir uns dann Alleinzeit freischaufeln, müssen wir lernen, mit uns in Kontakt zu kommen, sonst wird uns langweilig oder wir bekommen Angst vor Leere. Ein einfacher Start, um mit sich in Kontakt zu kommen, ist, sich zu fragen: „Auf was habe ich heute Lust?“, anstatt des sonstigen: „Was muss ich heute alles erledigen?“. Somit erlauben wir uns, aus dem ewig laufenden Hamsterrad der Verpflichtungen und der Kontrolle herauszukommen. 

Wenn wir dann herausgefunden haben, womit wir unsere Zeit gerne verbringen würden: Lesen, Baden, Spazierengehen,… dann gibt es da noch eine große Hürde, vor allem für Viel-Socializer: das Handy und digitale Endgeräte mit allen möglichen Messengers, sozialen Netzwerken, Onlineshops oder Nachrichtenseiten, die einen anschreien: „Guck mich an!“, „Ich will mich wichtig fühlen!“, „Wir müssen doch wissen, was wir heute zum Abendbrot machen!“,  „Kauf mich, du brauchst mich!“ oder „Wenn du zwei Stunden keine Nachrichten liest, wird die Welt untergehen!“. 

Tja, was machen wir mit denen? Sie scheinen uns ja wirklich alle zu brauchen. Oder?

Klar fühlt es sich unglaublich toll an, gebraucht zu werden, aber genau so toll fühlt es sich an, wenn wir uns selbst Mal brauchen. Es ist sogar noch viel erfüllender, wenn wir uns um uns selbst kümmern, als um alle diejenigen, die es vielleicht nicht mal mitbekommen, geschweige denn wertschätzen. 

Eine einfache, aber am Anfang erstmal schmerzhafte Lösung: Social Detox.

Für manche reicht es schon, in den Flugmodus zu schalten, für andere muss alles aus: Handy, Laptop, IPad. Sonst kommt man in Versuchung. Man kann erstmal mit einer oder zwei Stunden starten und wenn man sich sicherer fühlt, dass auch wirklich nichts passiert, wenn man offline ist, kann man die Zeit ausweiten.